Schon als Kind faszinierte mich der Prozess des "Wieder ganz werdens":
Mein Vater, der Zerbrochenes wieder zusammenfügte.
Ein Baum, der harzte - und dann nicht mehr.
Vom Sturm zerzauste Felder richteten sich wieder auf. Überflutete Bachufer ebbten wieder ab. Ganz besonders interessierte mich der Körper: Schürfwunden am Knie verheilten. Und wenn man am Meer war, heilten sie sogar noch schneller! Es schien also Faktoren von innen und von außen zu geben, die den Dingen verhalfen, wieder zu genesen.
Die frühe Faszination hält sich bis heute, und hat sich über die Jahre in einen Berufswunsch gewandelt:
Es lag auf der Hand: Ich wollte Ärztin werden. Von Osteopathie und Heilpraktikern wusste ich damals beinahe noch nichts.
Es folgten zahlreiche vielfältige Praktika und letztlich auch die Ausbildung zur Physiotherapeutin, um die nötigen Wartesemester zu überbrücken und ein solides anatomischen Grundwissen zu erlangen. Ich bin so dankbar, dass ich diesen "Umweg" gehen musste: Die Arbeit als Physiotherapeutin in verschiedenen Kliniken hat mir viele Einblicke hinter die Kulissen des geläufigen schulmedizinischen Systems ermöglicht. Ich fand für mich lebensverändernde Dinge heraus:
Das Wohl des Menschen stand dort meist nicht im Mittelpunkt. Nicht das des Patienten. Und auch nicht das des Arztes, der Krankenpfleger oder der Therapeuten. Finanzielle Interessen, Hierarchien, Bürokratie, Personalmangel und Zeitdruck bestimmten die Abläufe. Es wurden zwar Knochen wieder zusammengeschraubt und allerlei Mittel verabreicht, aber das so von mir bewunderte Phänomen des "Wieder ganz werdens" war äußerst selten festzustellen. Im Gegenteil: Manchmal wurden die Patienten im Krankenhaus noch kränker. Es war paradox und entmutigend.
Und es lag auf der Hand: Ich wollte auf keinen Fall Ärztin werden.
Ein anderer Berufswunsch kam meinem Herzen aber nicht annähernd so nah. Es zog mich das erste Mal ins Ausland, wo ich im wunderbaren Australien, in Neuseeland und Asien Erfahrungen sammeln durfte: Fachliche.
Und viele Lektionen fürs Leben. Die Menschen und immer wieder die Menschen, ihre Lebensarten und Gepflogenheiten und ihre so unterschiedlichen Ansätze, was ein gesundes Leben betrifft, ließen mich einfach nicht los.
Gesundheit war wohl mehr als die Abwesenheit von Krankheit. Bewegung, Atmung, Berührung, Zufriedenheit, gesunde Ernährung, soziale Systeme, emotionale Ausgeglichenheit, Sinngefühl, Schutz und Geborgenheit schienen eine so große Rolle zu spielen. Und falls doch eine Krankheit unvermeidbar war: Ein Therapeut, der dich wirklich sieht. Der genau zuhört und nachfragt. Bis er die Ursache herausfindet, die, ganz wie der Patient, folgendes ist: individuell und persönlich.
Ich fragte mich, wie ich all diese Erkenntnisse und Erfahrungen zugänglich machen, an welche europäisch etablierte Art von Therapie ich es am Besten anbauen kann und was eine solide medizinische und rechtliche Grundlage in Deutschland zur Ausübung dieses Wissens bietet.
Als Inspiration dienten mir meine eigenen Lehrer und Therapeuten. Ich entschied mich, das Studium der Osteopathie zu beginnen. Aufgrund meines Werdegangs konnte ich sogar ein Stipendium vom Bundesministerium für Bildung und Forschung dafür bekommen. Als Rechtsgrundlage kam nach Jahren des Lernens das große Heilpraktikerexamen hinzu.
Dieses berechtigt mich, nicht nur auf Rezept zu arbeiten, sondern auch gänzlich frei, selbstständig und eigenverantwortlich, denn ich konnte mein Wissen und meine Fähigkeit unter Beweis stellen.
Es freut und ehrt mich jeden Tag, diesen wunderbaren Beruf auszuüben. Ich bin unglaublich dankbar für das Vertrauen, das meine Patienten in mich setzen, denn von ihnen lerne ich noch einmal so viel wie aus den Büchern. Ich bin sehr gespannt, was ich noch hinzulernen werde, denn eines habe ich nun schon festgestellt:
das Lernen und Wachsen hört niemals auf.